“Occupy Frankfurt” – der berühmte Satz mit X, das war wohl nix
In Frankfurt am Main haben mehrere hundert Menschen gegen die Macht der Banken und die Finanzkrise protestiert.
Klickt man auf diese Schlagzeile, weil man sich für mehr Informationen interessiert, wird nur in den ersten Sätzen von “Occupy Frankfurt” berichtet, der große Rest ist aus New York und schon länger mehr als bekannt.
Das Aufbegehren gegen die Macht der Finanzmärkte erreicht Deutschland. Welches Ausmaß werden die Proteste haben?
Um es einmal ganz deutlich zu sagen, von Ausmaßen kann absolut nicht die Rede sein, wenn ein paar Hansel ‘Revolution’ spielen. Aber vielleicht ist auch Frankfurt als Stadt einfach viel zu klein, um als Standort für einen solchen Protest überhaupt in Frage zu kommen. Hinzu kommt noch eine Eigenheit dieser Bankenmetropole, denn die Menschen dort sind es gewohnt, eine besondere Zurückhaltung an den Tag zu legen, besonders, wenn es sich um den größten Arbeitgeber der Stadt handelt und dass sind nun mal die Banken.
Niemand konnte am Freitag einschätzen, ob der Funke auch in Deutschland zünden wird, ob ein paar Dutzend, Hunderte oder nicht doch mehrere tausend auf die Straße gehen werden. Kampagnensprecher Wolfram Siener gab sich zuversichtlich: »Die kleinen Gruppen und Netzwerke kommen jetzt alle zusammen und begreifen sich als Teil des großen Ganzen.«
Der Organisator dieses Protesttages, Wolfram Siener, ist wohl gestern durch alle Medien, besonders aber im TV sehr professionell zur Geltung gekommen und hat damit eine telegene Visitenkarte abliefern können, aber sein Auftritt allein wird so keine Bewegung des Protestes in Gang setzen. Ein Blinder kann mehr über Farben erzählen, als solch ein Söhnchen. Auch wenn jetzt mein Sarkasmus hier zuschlägt, so sollte er nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Veranstaltung ein Schuss in den Ofen war. Und auf Facebook sollte man sich auch nicht immer verlassen, denn was in den arabischen Staaten möglicherweise noch wirksam war, muss nicht für westliche Industriestaaten gelten.
Natürlich fehlt dieser ganzen ‘Veranstaltung’ aber auch das Quäntchen Spontanität, welches “Occupy Wall Street” einfach ausmacht. “Occupy Frankfurt” ist nun mal auf deutschem Mist gewachsen und eine Preußisch-Deutsche Organisation verträgt nun mal keine Spontanität. Ich persönlich bin der Meinung, ein ganz normales Datum ohne irgendwelche Bedeutung wie der 15.Oktober hätte möglicherweise wesentlich mehr gebracht.
Je länger ich beim verfassen dieses Beitrags bin, umso lächerlicher werden die Beiträge in den etablierten Medien. Wenn es nur allein gegen eine katastrophale Finanzsituation, verursacht von Gierhälsen, ginge, dann könnte ich mit diesem Hype ja noch einigermaßen umgehen, aber es geht um wesentlich mehr, wie der FIWUS immer wieder die Ungerechtigkeiten beim Namen und auch die Verantwortlichen dazu nennt. Das gesellschaftliche Sozialgefüge ist inzwischen seit langem aus dem Ruder gelaufen und je länger dies dauert, umso mehr kann es ganze Gesellschaftsschichten vergiften und genau hier liegt das Grundproblem. Eine vergiftete Gesellschaft wird sich zu einer Rückbesinnung auf wirkliche Werte und Ethiken kaum noch verständigen können.
In den großen Städten Deutschlands demonstrieren Tausende gegen die Auswüchse des Kapitalismus. „Ihr spekuliert mit unserem Leben“, werfen sie den Bankern vor. SPD, Linke, Grüne und Gewerkschaften begrüßen die Protestaktionen.
Dieses Gift wurde von den Machtstrategen in der Politik ganz geschickt gelegt. Gerade diese Parteistrategen geiern wie die echten Aasfresser auf solche Gelegenheiten, um sie für sich selbst zu vereinnahmen, denn bei denen geht es hauptsächlich um Macht und Machterhalt. Gerade die genannten Oppositionsgruppierungen sind für den Sozial-Kill verantwortlich, wenn man mal die Linke außen vor lässt. Wenn wir allein nur die Gewerkschaften nehmen, die konnten in den 80er Jahren noch die gesamte Republik lahm legen, heute sind sie die besonders gehätschelten Schoßhündchen einer eiskalten Kanzlerin und ihrer Gefolgschaft.
Nun kann man natürlich argumentieren, dass ein Hartz IV-Empfänger schließlich auf Kosten anderer lebt, dabei für’s Nichtstun Geld bekommt und dafür nun mal gewisse Einschränkungen hinnehmen muss.
Wir tendieren, denke ich, dazu Menschen zu stigmatisieren, zu stereotypisieren und in eine Schublade zu stecken. Tatsächlich denkt der Mensch in binären Oppositionen. Natur vs. Kultur, männlich vs. weiblich, Sieger vs. Verlierer, innen vs. außen etc. Das Zusammenfassen von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, fördert, meiner Meinung nach, das denken in dem binären Oppositionspaar arbeitender Mensch vs. arbeitsloser Schmarotzer. Dazwischen ist keine Kategorie vorgesehen.
Nun kann man natürlich argumentieren, dass ein Hartz IV-Empfänger schließlich auf Kosten anderer lebt, dabei für’s Nichtstun Geld bekommt und dafür nun mal gewisse Einschränkungen hinnehmen muss.
Wir tendieren, denke ich, dazu Menschen zu stigmatisieren, zu stereotypisieren und in eine Schublade zu stecken. Tatsächlich denkt der Mensch in binären Oppositionen. Natur vs. Kultur, männlich vs. weiblich, Sieger vs. Verlierer, innen vs. außen etc. Das Zusammenfassen von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, fördert, meiner Meinung nach, das denken in dem binären Oppositionspaar arbeitender Mensch vs. arbeitsloser Schmarotzer. Dazwischen ist keine Kategorie vorgesehen.
Gestoppt werden muss der Sozial-Kill, nicht allein die Finanzhaie.
naja. Zu der Schlussfolgerung kann man kommen, wenn man auf eine Liveschaltung im im TV wartet.
“In Frankfurt am Main haben mehrere hundert Menschen gegen die Macht der Banken und die Finanzkrise protestiert.”
Ich war mit meiner Freundin Vorort und es waren geschätzt ca. 3000 Leute. Laut Veranstalter wurden 5000 durchgesagt. Also auf jeden Fall mehr als die 1500 erwarteten.
Was v.a. negativ auffiel war die Parteiwerbung der Linken, obwohl diese mehrfach aufgefordert wurden die Plakate und Fahnen runter zu nehmen.
Ich habe es schon mit anderen diskutiert, aber S21 war einfach wesentlich erfolgreicher, und da geht es quasi nur um einen Bahnhof. Aber von den sogenannten 99% geht es 90% einfach noch zu gut, so wie es aussieht.
Nachdenken ist offensichtlich Schwerstarbeit und sehr unbeliebt.
Das ist das Problem. Erst wenn das Geld der Sparer “alternativlos” weg ist, gehen die 99% auf die Straße. Bisher nur linke Aktivisten, einige ältere Aufgeklärte und Studenten. Der Mittelschicht geht es noch zu gut.
in Washington campen auch “nur” höchstens ein paar Hundert.
Äh warst du da? von ein bisschen Mainstream zusammenkopieren, kann das ja nichts werden… schau doch mal bitte hier: occupy-frankfurt-occupy-ezb das sind aber ein bischen mehr leute….
was dagegen, wenn ich deinen Link in meine Sammlung aufnehme hier: http://freies-in-wort-und-schrift.info/2011/10/15/impressionen-und-links-zur-occupy-bewegung/?
hey sicher! da brauchst du doch nicht fragen!
da kommen auch gleich noch ein paar videos…
vielen Dank. 🙂
ich war auch in frankfurt. von der meldung mit den “mehreren hundert” wurde mir dort schon per telefon berichtet. als ich zu hause war hab ich dann nur noch die zahl 5000 gehört, von reuters, polizei und veranstalter. auch wenn mehrere hundert nicht klar definiert ist und unter umständen auch 5000 bedeuten könnte hat mir die klare zahl besser gefallen 😉
dass die linken sich bei solchen protesten gerne anschliessen war nicht verwunderlich und auch von denen angekündigt. da gibts wol wenig möglichkeiten was dagegen zu tun ausser vielleicht wieder nicht die linken wählen… überhaupt hätte ich mit mehr präsenz von parteien gerechnet. grüne oder piraten konnte ich z.B. keine entdecken.
auffällig war das große medieninteresse: das zdf hatte einen ü-wagen am start zum übertragen der bilder, und etliche kamerateams diverser sendeanstalten waren rundherum am werkeln. das möchte ich vorerst mal nicht werten, erst mal abwarten was von denen kommt.
was mir sehr positiv aufgefallen ist: es sah nach einer sehr bunten mischung an menschen aus. alle altersgruppen und unterschiedliche schichten waren am start.
vielen Dank für diesen Erfahrungsbericht.
In Berlin waren glaube ich Piraten. Nur vermutlich haben sie das nicht an die große Glocke gehängt.
Ja das Problem ist sehr vielschichtig.
Es ist nicht nur das kranke Finanzsystem, es ist auch der kulturelle Zerfall, der Verfall von menschlichen Werten, wie Liebe, Anstand und Aufrichtigkeit- da wirken ja auch die Massenmedien kräftig mit.
Ich versuche mir solche Situationen nach Wilhelm Reich “Massenpsychologie des Faschismus” und Ken Wilber`s “Vier Quadranten” http://integralesforum.org/index.php?id=211 zu erklären.
Und ich gebe dir da völlig recht, es ist eben nicht nur das pathologische Finanzsystem, da hängt viel mehr dran und Proteste kann man steuern- siehe Cointelpro http://de.wikipedia.org/wiki/COINTELPRO , Gustav LeBon: “Psychologie der Massen”(von dem hat Hitler viel gelernt).
Grüße aus dem Wald.
wobei ich es eigentlich schon etwas verwunderlich finde wie sehr diese bewegung von den mainstream-medien aufmerksamkeit bekommt. ob jetzt einige hundert oder eine hand voll tausend demonstrieren. ich möchte fast glauben, dass sich die medienschaffenden von der message der demonstrierenden überzeugen lassen. obwohl mir ein bei eben dieser hoffnung aufkeimendes gefühl von eigener naivität nicht gänzlich unwesentlich erscheint.
Einerseits von den Falschen gelobt, und von den anderen kleingeschrieben und nieder gemacht – so gehen zarte Pflänzchen eines Protestversuches kaputt. Sicher, man könnte Vieles bemängeln – auch das Fehlen eigener, zündender Ideen und Entwürfe. Allerdings waren die Deutschen noch nie gute Revolzzer. Davon abgesehen schlägt eine typische deutsche Eigenheit wieder gnadenlos zu:
Wenn etwas nicht gelobt und absolut gut geheissen werden kann, wird es fertig gemacht.
Die Medienlandschaft befasst sich nun mit dem Lächerlichkeits-Ausbruch des Herrn Gauck, der nicht schnell genug loswerden konnte, wie daneben er die Proteste findet.
Den schnellen Kritikern wäre eines zuzurufen – trotz, oder wegen aller Zweifel:
Was wollt Ihr eigentlich? Alles gleich wieder in Grund und Boden schreiben, damit die dürftig gewordenen Pfründe nicht auch noch gefährdet sind?
Wo, bitte, ist der politische Sachverstand, die finanzielle Vernunft für’s Gemeinwohl, die Besonnenheit in globalen, sozialen Fragen bei den Politikern, wo dies in Medienbeiträgen eingefordert wird?
Die Bewegung mag albern erscheinen, weil sie sich dürftig ausnimmt nach allen Jahren des Einlullens, Betörens, Belügens, Beruhigens, Manipulierens der Bürger in die gewünschte Richtung.
Nachdem jegliches Aufmucken gerne niedergeknüppelt wird, ist es doch opportun, harmlos zu sein.
Nachdem jegliche abweichende Meinung niedergemacht und eingeebnet wurde, ist es doch verständlich, dass die Verwirrung zusammen mit der Empörung auf die Suche nach einer Möglichkeit des Ausdrucks geht.
Bespitzelt, verdächtigt, beschimpft, niedergemacht, herabgewürdigt, enteignet, ignoriert, das ist die Gegenwart der meisten ‘”Durchschnittsbürger ” heute. Er findet sich wieder als wäre er in der Matrix, im Käfig eines Systems, das tut was es will – egal, was auch immer er auf dem Wahlschein angekreuzt hat. Wenn er nicht wählt, ist des fast noch schlimmer, denn das wird erst recht ignoriert.
Behutsam versuchen sich einige engagierte Leute in eine Form des Protestes hineinzufinden. Der Rest der Menschen ist in vielfältige Belastungen eingebunden, – oder, hungert, ist entkräftet, ohne ärztliche Betreuung, nur dürftig versorgt.
Gegen sie wird damit argumentiert, sie könnten, wenn sie wollten, denn sonst ginge das Geld ja sowieso an den Stammtisch, oder so…
Für den Stammtisch und Sonstiges bleibt längst nichts mehr, also auch nicht für Fahrtkosten. Verpflegung ist zu Hause schon schwierig geworden, erst recht dann, wenn man unterwegs sein muss.
Das alles interressiert nicht, ist nicht fein genug für jene, die genau wissen, wie sie eine Bewegung haben wollen: Toll aufgemacht, und möglichst ineffektiv…
Darum, dass die Arroganz sich weiter behaupten kann.
sehr schön gesagt. Du sprichst mir aus dem Herzen, Inge.
Die Occupy Wall Street Aktion wurde in den USA von Medien am Anfang möglichst gemieden, laut Al-Jazeerah. Natürlich kamen die finanztreuen Medien um eine Kenntnisnahme der Protest nicht herum. Dafür sorgen allein schon Youtube und weitere Plattformen.
Die Bewegung in Deutschland ist nun mal von deutscher Kraftlosigkeit gezeichnet. Seit den Leipziger Protesten hat es nicht einmal ansatzweise etwas ähnliches gegeben. Erinnert mich an eine gewisse verbreitete Volks-Depression. Menschen sind mit ihren Jobs, dem Alltag und anderen menschlichen Ereignissen beschäftigt. Manche auch derart ausgelastet, dass für nichts anderes mehr Platz in der eigenen Wahrnehmung exisitiert. Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Wie man hört ist selbst auf Facebook und Co. nicht wirklich etwas in Sachen Soziales (Deutschland bezogen)los. Viele schreiben, wenn sie nicht einfach nur sich mit Spielen volldröhnen, über jeden Pfurz, aber nicht aber real wichtige Ereignisse. Von blöden Witzen bis hin zu “Mir ist ja so was von langweilig” verplempern die Energie für das Quälen der Datenbanken. Das riecht schon nach einer Art Dekadenz. Und die Mächtigen verstreuen dazu gerne noch eine Runde Valium für das Volk.
Diejenigen, welche noch Geld für den Stammtisch oder Fahrten besitzen … nuten ihre noch vorhanden Mobilitäts-Chanchen nur zum geringen Teil. Das so oft zitierte Aufwachen wenn alles in die Binsen geht, ist dann definitiv zu spät. Wenn nicht jetzt wann dann?
Ich vergass, es gibt fast immer Bevölkerungsteile denen es denoch ziemlich gut geht. Auch wenn der Rest der Welt im Klo runtergespült wird. Gerne wäre ich beispielsweise nach Berin oder so gefahren. Hätte mir die Demos endlich mal livehaftig angeschaut und mir dann meinen Protest erlaubt, was in den USA sogar bis zur Verhaftung führt. Gut, wer eine Isomatte mitnimmt ist automatisch ein Staatsfeind und darf eine Runde Polizei-Psycho spielen.
Aber auch das ist nicht machbar. Bis auf das Interent bleibt kaum noch Aktionsraum übrig. Geld regiert die Welt und kann sogar überregionale Prosteste klein halten. Jetzt bin ich auch nicht mehr so Isomattenfest. Im Gegensatz zu früher fiele mir das Nächtigen unter freiem Himmel bei dieser Wetterlage sicherlich weitaus schwerer. Und das alles ist eine weiter Wut wert, baut den Frust bei Menschen auf, schlägt auf uns zurück. Wer bis jetzt halbwegs über eine brauchbare Gesundheit verfügt, hat damit die Chance sich in die Reihe der lebenden Toten einzuordnen. Und das ist Schlußsatz:
Hauptsache alles hat seine Ordnung, gehen die Menschen dabei auch zu Grunde!
Meine Antwort auf diesen Beitrag: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,792181,00.html
Aufstand? Doch nicht in diesem Land der Dilettanten
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Ich habe mir am Freitag, den 14.09.2011 fast in die Hose gemacht vor lachen, als ich im Video-Text der ARD die Spätsendungen las: “Der Baader-Meinhof-Komplex”; ich habe ihn mir natürlich wieder angeschaut, schon wegen der Sequenz mit dem Schah-Besuch in Berlin und dem Schuß auf Benno Ohnesorg, denn dieser Auslöser der RAF sollte jedem Menschen in Deutschland so bekannt sein wie Kennedys Deutschgefasel vier Jahre vorher in Berlin.
Diesen Film einen Tag vor den “Occupy-Demonstrationen” zu senden, grenzt entweder an Dummheit par excellence oder aber von einer bodenlosen Frechheit des TV-Senders. Dass es nicht zu gewaltsamen Übergriffen in Frankfurt oder Berlin gekommen ist, hat meiner Meinung nach mit der generellen Demo-Kultur in diesem Land zu tun (http://tinyurl.com/6dke3kb), aber noch viel mehr mit einer Person, welche ab 2003 dieses Land mit seinem Sozial-Kill (http://tinyurl.com/6jphmqs) im Auftrag der Politik aus Berlin quasi ‘vernichtete’.
Diejenigen, welche ein Recht auf ‘Aufstand’ hätten, sind heute dazu nicht mehr in der Lage, und was die Strategie der ‘Neu-Revolluzer’ angeht, die ist so wirksam wie Butter im Saharasand zur Kühlung zu vergraben.